Rund um die Angiologie

Moderne Angiologie – ein spannendes Fach mit diagnostischer und therapeutischer Breite

Gefäßerkrankungen betreffen das arterielle, venöse und lymphatische System. Wesentliche Behandlungsschwerpunkte in der Angiologie sind unter anderem die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), Venenthrombosen, Aneurysmen und Erkrankungen der hirnversorgenden Gefäße. Funktionelle Durchblutungsstörungen, entzündliche Gefäßerkrankungen sowie vaskuläre Malformationen sind seltenere, aber fachlich sehr anspruchsvolle Krankheitsbilder. Dabei ist die Angiologie häufig der erste Anlaufpunkt für Patienten, bei denen es eine Gefäßerkrankung abzuklären gilt.Eine zentrale Stellung in der angiologischen  Diagnostik nimmt die klinische Untersuchung ein, die in vielen Fällen eine Verdachtsdiagnose zulässt („Das Stethoskop als Ultraschallkopf des kleinen Mannes“). Mit einfachen, nicht invasiven diagnostischen Maßnahmen können das Vorhandensein und die Schwere einer Durchblutungsstörung weiter eingegrenzt werden. So kann beispielsweise mittels CW-Doppler-basierter Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes und segmentaler Oszillographie die Durchblutung der Extremitäten beurteilt werden (Abbildung 1a und 1b):

1a) Segmentale Oszillographie mittels spezieller Beinmanschetten
1b) CW-Doppler-Untersuchung

Als weiteres Beispiel kann mit Hilfe der Kapillarmikroskopie einfach und elegant eine Beurteilung der kleinsten Gefäße am Nagelfalz erfolgen, um akrale Durchblutungsstörungen abzuklären (Abb. 2a und b).

2a) Kapillarmikroskop
2b) Kapillargefäße im Bereich der Nagelfalz

Die farbkodierte Duplexsonographie ist das Herzstück der bildgebenden Gefäßdarstellung und ermöglicht eine detaillierte Darstellung der peripheren Arterien und Venen (Abb. 3a und b).

3a) Duplexsonographie der Beinarterien
3b) Duplexsonographicher Befund einer echoarmen, konzentrischen Wandverdickung der A. axillaris bei einer Patientin mit extrakranieller Riesenzellarteriitis

Da kostengünstig und ohne Strahlenbelastung einsetzbar, ist das Verfahren auch ideal für die Nachsorge nach Gefäßinterventionen geeignet, z.B. in Form der Kontrastmittelsonographie nach endovaskulärer Ausschaltung eines Bauchaortenaneurysmas. Mit der MR- und der CT-Angiographie stehen weitere Verfahren zur Verfügung, die beispielsweise auch eine Beurteilung der Aorta thorakalis ermöglichen. Die kombinierte Untersuchung aus Positronenemissionstomographie und CT ermöglicht die Darstellung und Lokalisation vaskulärer Inflammation (Abb. 4).

4) Fusion von positronenemissionstomographischen Bildern und CT: Darstellung einer Aortitis im Bereich der thorakalen Aorta

Die intraarterielle Angiographie wird heute rein diagnostisch nur noch selten eingesetzt, z.B. zur Abklärung akraler Ischämiesyndrome (Abb. 5).

5) Intraarterielle Angiographie der Handarterien bei einem Patienten mit sekundärem Raynaud-Syndrom auf dem Boden eines Hypothenar-Hammer-Syndrom: Darstellung eines Aneurysmas der A. ulnaris sowie von embolischen Fingerarterienverschlüssen

In erster Linie erfolgt die Angiographie heute in Interventionsbereitschaft, mit Durchführung einer Katheterintervention in einer Sitzung, wenn es erforderlich ist.
Es gibt zunehmend interventionell tätige Angiologen, die diese endovaskulären Verfahren zur Therapie der arteriellen Gefäßerkrankungen anwenden. Vielerorts besteht hier bereits eine enge Kooperation mit interventionell tätigen Radiologen.
Ähnlich wie in der Koronarangiographie werden mittels spezieller Angiographiekatheter Durchblutungsstörungen peripherer Arterien dargestellt und können  mittels Ballondilatation (ggf. mit zusätzlicher Implantation eines Stents) revaskularisiert werden. Immer häufiger werden zusammen mit den Gefäßchirurgen sogenannte Hybrid-Verfahren bestehend aus einer interventionellen Revaskularisation mit in gleicher Sitzung durchgeführter operativen Maßnahme angewendet, um eine möglichst optimale Perfusionssituation für den Patienten zu erreichen.

Daneben stehen in der Angiologie vielfältige medikamentöse Therapieprinzipien zur Verfügung. Mit den direkten Faktor Xa- und Thrombininhibitoren in der Prophylaxe und Therapie der venösen Thromboembolie haben sich hier in jüngster Zeit wesentliche Neuerungen eingestellt.

Komplexe Therapieentscheidungen werden heute in der Regel im Rahmen zertifizierter Gefäßzentren getroffen. Die Angiologie bewegt sich somit in einem spannenden interdisziplinären Umfeld mit Radiologie und Gefäßchirurgie. Viele Gefäßerkrankungen erfordern aber auch eine enge Kooperation mit angrenzenden Gebieten der Inneren Medizin wie der Rheumatologie, Diabetologie und Kardiologie.

6) Endovaskuläre Revaskularisation des Arcus plantaris bei einem Patienten mit kritischer Extremitätenischämie.